Einleitung: Agri-Photovoltaik – Integrierte PV in der Landwirtschaft
In Anbetracht des Ziels der Klimaneutralität bis 2045 stellt sich die Frage, welche Flächen für Photovoltaikanlagen zur Verfügung stehen. Zukunftstauglich sind integrierte Photovoltaik-Anlagen, für die die Landwirtschaft das meiste Potenzial bietet. Viele große Flächen werden bereits landwirtschaftlich genutzt und müssen auch weiterhin für den Anbau von Nahrungsmitteln verfügbar bleiben. Die Idee: Agri-Photovoltaik. Das Verfahren macht die simultane Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen für Nahrungsmittelproduktion und Stromerzeugung möglich. In Asien ist dies schon weit verbreitet. Auch in Europa steigt die Nachfrage – nicht zuletzt aufgrund der immer extremer werdenden Wetterbedingungen.
Anpassung an die Kulturpflanzen
Die Anlagenkonstruktionen variieren stark und passen sich dem Bedarf der jeweiligen Kulturpflanzen an. Im Fokus stehen vor allem ein durchdachtes Licht- und Wassermanagement sowie ein Design, das sich der Bewirtschaftung durch Maschinen der jeweiligen Kultur anpasst. Nur so ist ein hoher und gleichmäßiger Ertrag sicher. Grundsätzlich lassen sich alle Typen von Solarmodulen für Agri-Photovoltaik nutzen. Module mit mehr transparenten Flächenanteilen schützen Pflanzen vor Umwelteinflüssen, ohne die Lichtverfügbarkeit zu sehr einzuschränken. Gerade bei Sonderkulturen aus dem Wein-, Obst- und Gemüsebau profitiert der Landwirt von Synergieeffekten. Allerdings ist nicht jede Kultur für Agri-Photovoltaik geeignet. Mais beispielsweise reagiert auf geringe Beschattung mit überproportionalen Ertragsrückgängen.
Vorteile von Agri-Photovoltaik
Keine Konkurrenz mit Landwirtschaft
Die Erschließung von neuen großen Flächen für Photovoltaikanlagen mitten im Grünen ist problematisch. Ein breit angelegter Eingriff in die Natur und die Landschaft steht entgegen des Umwelt- und Naturschutzes. Durch die Agri-Photovoltaik hingegen wird die begrenzte Ressource an fruchtbaren Böden nicht aufgebraucht.
Ertragssteigerung
Durch gezieltes Lichtmanagement werden die Erträge aus PV und Photosynthese optimiert. Bei geeignetem Design kann Agri-Photovoltaik zu einem Anstieg der Resilienz und der landwirtschaftlichen Erträge führen. Nachgeführte PV-Systeme beispielsweise optimieren die Lichtverfügbarkeit für Kulturpflanzen. Die Anlage schützt zudem vor sehr hohen Temperaturen, da sich die Bodentemperatur und in geringerem Maße auch die Lufttemperatur reduzieren.
Schutz der Kulturen
Auch die Landwirte profitieren von dem Verfahren: Wasserknappheit, Wetterextremen und dem generellen Anstieg der Temperaturen wirkt eine Agri-Photovoltaik entgegen und schützt Pflanzen und Böden vor negativen Umwelteinflüssen – und damit die Lebensgrundlage vieler Landwirte. Die Kulturen sind widerstandsfähiger gegen Hagel, Starkregen, Frost und Dürre. Auch können die Module vor Schäden durch Winderosionen schützen.
Geringerer Wasserverbrauch
In einer Agri-Photovoltaik-Anlage geht weniger Bodenwasser verloren. Je heißer und trockener das Klima, desto stärker steigt tendenziell die Bodenfeuchte im Vergleich zu Referenzflächen. Der Bewässerungsbedarf reduziert sich um bis zu 20 Prozent. Meist bietet sich mit der Anlage die Möglichkeit, Regenwasser zu sammeln und für die weitere Bewässerung zu verwenden.
Einsparung von Personal- und Materialkosten
Zur Ertragssteigerung und -sicherung werden in vielen landwirtschaftlichen Betrieben beispielsweise Folientunnel oder Hagelschutznetze verwendet. Da die Agri-Photovoltaik-Anlagen die Funktion dieser übernehmen, reduziert sich der Verbrauch zusätzlicher Materialien. Folien und Netze können direkt an die PV-Unterkonstruktion angebracht werden, was den Plastikverbrauch sowie den Arbeitsaufwand verringert. Die daraus resultierenden eingesparten Personalkosten können landwirtschaftliche Betriebe entlasten.
Förderung der Wertschöpfung und ländlichen Entwicklung
Zusätzlich fördern Agri-Photovoltaik-Projekte die Wertschöpfung in der Region und die ländliche Entwicklung, da sie meist von Landwirten, Gemeinden sowie klein- und mittelständischen Unternehmen getragen werden. Zusätzlich können sie die Wertschöpfung in der Region steigern und der ländlichen Entwicklung zugutekommen.
Geringere Stromkosten
Agri-Photovoltaik bietet außerdem die Chance, erneuerbaren Strom für den dezentralen Eigenverbrauch von Landwirtschaftsbetrieben zu erzeugen. Mit der Nutzung des eigenen Solarstroms reduzieren sich die Ausgaben für Netzstrom. Durch die Vermarktung der Stromerträge erschließt sich für landwirtschaftliche Betriebe ein neues Geschäftsfeld.
Welche landwirtschaftlichen Betriebe eignen sich für Agri-PV?
Besonders geeignet für die Kombination mit Agri-Photovoltaik sind Dauerkulturen in Reihenbewirtschaftung. Diese vereinfachen den Aufbau entsprechender Anlagen. Grundsätzlich profitieren Betriebe, die bereits mit geschütztem Anbau arbeiten. Lohnenswert ist die Inbetriebnahme vor allem auf Flächen, die mindesten einen Hektar groß und eben sind. Ein hoher flexibler Eigenverbrauch bei der Verarbeitung oder Lagerung der Lebensmittel kann durch den gewonnenen Solarstrom ausgeglichen werden. Schließlich sollten die interessierten Landwirte die Bereitschaft zur Investition mitbringen. Die doppelte Nutzung von Flächen für Landwirtschaft und PV bietet besonders für solche Regionen Vorteile, die aufgrund fruchtbarer Böden und mildem Klima landwirtschaftlich attraktiv sind und sich durch hohe Sonneneinstrahlung auszeichnen.
Verbreitung der Agri-Photovoltaik-Anlagen
Seit diesem Jahr werden erstmals auch Agri-Photovoltaik Anlagen durch Innovationsausschreibungen für sogenannte „besondere Solaranlagen“ im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2023 (EEG) gefördert. Dennoch existieren hierzulande einige Einschränkungen: Beispielsweise ist eine Baugenehmigung an einen Bebauungsplan gebunden, den es für Flächen im Außenbereich kaum gibt. Um behördliche und rechtliche Hürden zu überwinden und offene Fragen zu beantworten, setzt sich das Fraunhofer Institut für die Umsetzung eines Forschungs- und Entwicklungsprogramms für Deutschland ein.